Klassische Genetik

Genetik

Genetik ist die Lehre von Erbgut und der Vererbung. Man unterscheidet die klassische (mendelsche) Genetik und die Molekulargenetik.

Johann Gregor Mendel (1822- 1884) und die Wiederentdecker seiner Gesetzte, nämlich Correns, Tschermak und de Vries entdeckten die wichtigsten Gesetze der Genetik, noch ohne Kenntnis der materiellen Grundlage der Gene. Sie konnten diese Gesetze nur dadurch entdecken, dass sie Versuchsreihen mit sorgfältig ausgewählten, reinrassigen Lebewesen und ungeheuren Mengen von Nachkommen sorgfältig beobachteten und auszählten. So entstanden die Kenntnisse der drei mendelschen Regeln:

  1. Uniformitätsregel
  2. Spaltungsregel und
  3. die Regel von der freien Kombinierbarkeit der gene bzw. der Unabhängigkeit der Erbanlagen

Außerdem erkannten sie, dass zwei grundsätzlich verschiedene Erbgänge existieren, nämlich:

  1. der dominant, rezessive
  2. der intermediäre

Schließlich stellten sie fest, dass bei normalen Körperzellen pro Eigenschaft pro Zelle vorhanden ist und bei Keimzellen nur eine Erbanlage. Später erkannte man, das das selbe für die Chromosomen (leicht anfärbbare Körperchen im Kern) gilt und entwickelte daraus die Chromosomentheorie der vererbung. Schließlich entdeckte man, dass die Chromosomen aus der DNA bestehen (+ Proteinhülle). Nachdem 1953 Watson/ Crick die Struktur der DNA klären konnte, war der Weg zur Molekulargenetik offen und die Beziehungen zwischen Aufbau der DNA, Ablesung der DNA und Umsetzung der Eigenschaften, sowie deren Vererbung, konnte auf molekularen Basis geklärt werden. Daraus resultiert die heute in Biologie und Medizin angewandte Gentechnik.

Regeln der klassischen Genetik

  1. Uniformitätsregel
  2. Kreuzt man zwei Individuen einer Art, die sich in einem Merkmal unterscheiden, das beide Individuen reinerbig aufweisen, so sind die Individuen der F1- Generation im Betrachteten Merkmal gleich.

    Uniformität der F1- Individuen tritt auch dann auf, wenn bei der Kreuzung das Geschlecht der Eltern vertauscht ist (reziproke Kreuzung). Man bezeichnet daher die Uniformitätsregel auch als Reziprozitätsregel.

  3. Spaltungsregel
  4. Kreuzt man diese Mischlinge unter sich, so spalten in der Enkelgeneration (F2) die Merkmale im Zahlenverhältnis 1:2:1 oder 3:1 wieder auf.

    Dieses Zahlenverhältnis wird um so genauer erreicht, je größer die Zahl der Nachkommen ist. Die Vererbung von Merkmalen gehorcht statistischen Gesetzen.

  5. Regel von der Unabhängigkeit der Erbanlagen oder der Neukombination der Gene
  6. Die einzelnen Erbanlagen sind frei kombinierbar, d.h. sie werden unabhängig von einander vererbt und bei der Keimzellenbildung neu kombiniert.

Die Gesetze von Mendel sind besser zu verstehen, wenn man die Träger der Vererbung, nämlich die Chromosomen (die man erst nach Mendel entdeckt hatte) und ihr Verhalten während der Zellteilung beobachtet. Die Chromosomen konnten erst in ihrer spiralisierten Form während der Teilung erkannt werden, In dieser kompakten Transportform während der Zellteilung liegen die Chromosomen in einer ganz bestimmten Größe und Form vor, die ebenso wie ihre Anzahl für jede Art der Organismen charakteristisch und konstant ist. Sie haben meist die Form kurzer getrungener , meist gekrümmter oder winkelförmig gebauter Stäbchen. Manchmal sind sie aber so klein, dass sie kugelförmig erscheinen. Ihre Größe schwankt zwischen 0,2 mm und 50 mm bei einer Breite von 0,2 mm bis 2 mm. Die Chromosomen bestehen aus 2 Schenkeln und dem Centromer. Bei manchen Chromosomen treten zusätzlich ab größeren Schenkeln noch weitere Einschnürungen auf, die zu Satelliten führen. Im Inneren der Chromosomen, in dieser Transportform liegen 2 Doppelhelixmoleküle. Sie werden von der Matrix aus Proteinen eingehüllt. Bei der Teilung teilen sich die Chromosomen durch Längsspaltung und die Spalthälften heißen Chromatide. Am Ende einer Zellteilung bildet dieses Chromatid das neue Chromosom, welches also nur eine Reduplikation ist.

P BrBrGG x brbrgg
F1 BrbrGg x BrbrGg

F2

BrG

Brg

brG

brg

BrG

BrBrGG
OO

BrBrGg
OO

BrbrGG
OO

BrbrGg
OO

Brg

BrBrGg
OO

BrBrgg
OO

BrbrGg
OO

Brbrgg
OO

brG

BrbrGG
OO

BrbrGg
OO

brbrGG
OO

brbrGg
OO

brg

BrbrGg
OO

Brbrgg
OO

brbrGg
OO

brbrgg
OO

 

O Br= braun

BrG 9

O br= schwarz

Brg 3

O G= gefleckt

brG 3

O g= ungefleckt

brg 1

1x 2x 2x 4x 1x 2x 1x 2x 1x
Genotyp: 9 (BrBrGG, BrBrGg, BrbrGG, BrbrGg, BrBrgg, Brbrgg, brbrGG, brbrGg, brbrgg)
Phänotyp: 9 : 3 : 3 : 1
BrG Brg brG brg

Die Grundlage, dass Mendel die Gesetzte so frühzeitig erkennen konnte, waren:

  1. Auswahl günstiger Versuchsobjekte (kurze Generationsdauer und viele Nachkommen)
  2. Dadurch hohe Zahl von Versuchsergebnissen und Gewinnung von statistisch signifikanten Mittelwerten
  3. Sorgfältige Auswahl des Ausgangsmaterials (Inzucht bis immer die gleichen Eigenschaften auftauchen), sowie ständig eine Fülle von Kontrollversuchen, die parallel zu den eigentlichen Versuchen liefen.
  4. Beschränkung bis auf wenige, leicht zu unterscheidenden Eigenschaften
  5. Zufällig glückliche Auswahl der Eigenschaften (monogen bedingte Eigenschaften)

Diese Bedingungen wurden bei der Auswahl der neuen „genetischen Haustiere“ weiterhin beachtet.

So ging die Untersuchung in folgender Reihenfolge:

  1. Mendel und Nachfolger untersuchten Pflanzen (zwei bis vier Generationen pro Jahr möglich mit vielen tausenden von Nachkommen (1850-1900)
  2. Morgan und Nachfolger untersuchten drosophila melanogaster und andere Insekten, sowie kleine Nagetiere (Mäuse, Ratten), die im Jahr mehrere Generationen (mindestens 10) hervorbringen. Dabei wird bewußt auf die Menge der Nachkommen verzichtet (1920-35)
  3. Avery und Nachfolger untersuchten Bakterien; Kennzeichen: extrem hohe Generationsfolge und Nachkommen. (1945-60)
  4. Virologen u.a. Chargaff und Co. benutzten ab 1960 Viren, die gleiche Eigenschaften, wie die Bakterien aufwiesen, aber weniger Eigenschaften hatten, die sich leichter verfolgen ließen.

Die wichtigsten Merkmale von Untersuchungsobjekten der Genetik müssten also sein:

  1. sehr kurze Generationsdauer
  2. hohe Nachkommenzahl
  3. monogen bedingter Erbeigenschaften
  4. klare Beziehung zwischen Phänotyp und Genotyp