Evolution der Tiere

Fossilienfunde in Deutschland

Auch in Deutschland gibt es wichtige Fossilienfundorte (zum Teil unter dem Schutz der WHO als wichtiges Weltkulturerbe gestellt), welche Organismen als Fossilien aufweisen, die für die Erkenntnis der Evolution wichtig sind. Dabei tritt für jede Ära jeweils ein wichtiger Fundort auf.

  1. Für das Känozoikum und speziell das Tertiär ist die Grube Messel wichtig. Dies ist eine ehemalige Ölschieferabbaugrube bei Darmstadt.Hier wurden wichtige Fosilien vorwiegend vom Eozän bis zum Miozän gefunden. Wichtigstes Fossil ist das Urpferdschen, welches den Nachweis lieferte, das unsere heutigen Pferde von hundegroßen, laubfressenden Waldtieren abstammt. Dies wurde zum Teil an gut erhaltenen Mageninhalten dokumentiert. Daneben wurde eine Vielzahl von Säugetierfossilien (insbesondere Nager und Fledermäuse) gefunden, die die Verbreitung und die Entwicklung der Säuger im Tertiär gut dokumentieren. Daneben werden aber auch Reptilien (Krokodiele) und Fische des Tertiärs (darunter Quastenflosser) gefunden.
  2. Fundstädte aus dem Erdmittelalter (Mesozoicum): Solnhofen, Eichstädt, Kirchheim- Teck. In diesen mesozoischen Kalkschichten der Schwäbisch- Fränkischen Alp findet man in den Solnhofer Kalkplatten neben Insekten und Fischen des Mesozoicums auch den Archeopterix. Daneben werden an der anderen Fundstelle bei Kirchheim- Teck Dinosaurierreste und Spuren entdeckt, sowie vor allem Ammoniten, als Nachweis für die Evolution der Weichtiere entdeckt.
  3. Paläozoikum, Ordovizium- Silur: Bundenbacher Schiefer (Hunsrück). Vorwiegend Fische, Insekten und Nesseltiere Quallen, Seesterne)
Brückentiere
Tier Brückentier zwischen ... Zeit Merkmale
Euglena viridis Pflanzen und Tieren Vor etwa 1,2 Mio Jahre Photosynthese und Phagocytose –> Chloroplasten und Augenfleck
Quastenflosser (Latimeria) Knochenfisch und Landwirbeltieren Bereits im Devon Flossen, Kiemen, Schwimmblase zu Lungen, Ausbildung in Brust- und Bauchflossen zu stabileren Gliedmaßen mit Anlage zur Fünfstrahligkeit
† Ichteostega Quastenflosser und Amphibien Ende vom Devon Fünfzehige Extremitäten, einfaches Skelett, bereits große Lunge, Hautatmung
† Dachschädler Amphibien und Reptilien Karbon Gut ausgebildete Lunge stark vergrößert, bei Amphibien: keine Lunge, Hautatmung
† Tereodonciae Dinosaurier und Säugetieren Trias Gleichförmige spitzkeglige Zähne, niedrige echsenähnliche Gliedmaße, die Beine sitzen in säugetiertypischen Positionen7 Halswirbel, Kiefer: reptilienähnlich
† Archeopterix Reptilien und Vögel Jura Krallen von Reptilien, Zähne, verwachsener Mittelhandknochen, Schwanzwirbelsäule, Federkleid, Schädelform und Skelettbauweise als Leichtbauweise, Flügel mit umgebauten Gliedmaßen
Peripatus Ringelwürmer und Gliedertieren Jura Hautmuskelschlauch und gleichseitige Segmentierung, hat aber bereits Mundwerkzeuge und Tracheenatmung
Schnabeltier Reptilien, Vögel und Säugetieren   Kloake, legt Eier, Wechselwarm, säugt Jungen, Haarkleid
Lancettfisch Wirbellose und Wirbeltiere Ordovizium Keine Gliedmaßen, keine Wirbelsäule und einschichtige Epidermis, Hydroskelett, Corda, Neuralrohr, Gliedmaßen: keine Flossen, geschlossener Blutkreislauf
Urschnecke (Neoplina) Gliederfüßler und Weichtiere Ab Silur Schale mit Fuß und Mantel, segmental angeordnete Kiemen, systematisch nichtspiraliger Eingeweidesack
Nautilus Schnecken und Kopffüßler   Tintenfischähnlich, am Kopf angesetzte Arme, Rückstoßbewegung als Fortbewegung, Schale, spiralisierter Eingeweidesack

Rekonstruierung von Organismen auf Grund ihrer Fossilien

Die Organismen, insbesondere Tiere können heute auf Grund ihrer versteinigten Überreste in ihrer Form und Gestalt vollständig sicher und genau wieder rekonstruiert werden. Dazu sind noch nicht einmal komplette Skelette nötig, da man bereits aus Teilen mit Hilfe der bisherigen Erkenntnisse über strukturelle Zusammenhänge des inneren Skelettbaus fehlende Teile ergänzen kann. Man geht heute in folgenden Schritten vor und folgende Fachbereiche helfen dabei:

  1. sorgfältige Dokumentation der Fossilienteile in situ (Photographie, Röntgen, Computer und 3D- Simulationen
  2. sorgfältig Bergen, Ausgraben und Präparieren (Paläontologe und Preparation)
  3. Vergleich mit rezenten und fossilen Organismen (Anatomie, Physiologie und Systematik), bei jüngeren Fossilien mit der Möglichkeit von DNA- Inhalten in Knochenresten wird auch die Gentechnik verwendet
  4. Ergänzung restlicher fehlender Teile durch Vergleich und Herstellung eines Abbildes (wiederum Anatomie, Systematik, Physiologie, Ingenieurwesen und Modellbauer, 3D- Simulationen
  5. Ergänzung der äußeren Hülle, wobei die Farben nicht immer der Wirklichkeit entsprechen, sie werden aus der Ökologie ergänzt.
  6. Beschreibung und Einordnung des Lebewesens in das bisherige System der Lebewesen

Folgerung aus Fossilien

Die zahlreichen Fossilien lassen sich also mit den oben dargestellten Methoden der unterschiedlichen Fachgebiete der Biologie den speziellen systematischen Gruppen entsprechend ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen zuordnen. Sie können mit Hilfe der Alterbestimmungsmethoden zeitlich eingeordnet werden und so können bei eng verwandten Fossilien verschiedener Zeiten Stammbäume entwickelt und aufgestellt werden. Neben den bisher genannten Methoden zur Einordnung dieser Fossilien gibt es noch die Methode der Homologiekriterien (siehe unten). Aus der Erkenntnis der Einteilung der Fossilien, die mittlerweile vorgenommen werden konnte, leiten sich bestimmte allgemeine Gesetzmäßigkeiten der Evolution ab.

  1. Für viele unterschiedliche, eng verwandte Organismen lassen sich Entwicklungsreihen (Stammbäume) aufstellen, aus denen sich die Organisationsformen der heutigen Zeit als mehr oder weniger Endformen erklären lassen.
  2. Die Entwicklung innerhalb einer Formgruppe läuft ohne auffallende Sprünge.
  3. Zwischen verschiedenen Gruppen gibt es fossile und lebende Übergangsformen (Brückenformen), auch „missing links“ genannt. Diese Übergangsformen enthalten Merkmale beider Gruppen, die sie verbinden. Sie stehen immer am Anfang einer neuen Gruppe und weisen zusätzlich Merkmale jener Gruppe auf, aus denen sie sich entwickelt haben. Je nach Wichtigkeit der Merkmale gibt es Brückenorgane zwischen Gattungen, aber auch zwischen Stämmen.
  4. Die Entwicklung innerhalb von Reihen läuft in Richtung zunehmender Differenzierung und Spezialiserung.
  5. Entwicklung ist irreversibel.

Homologiekriterien

Nicht nur Fossilien liefern Hinweise auf Verwandtschaften und Abstammungen, sonder vergleichbare Ähnlichkeiten (Homologien) aus vielen Fachgebieten der Biologie liefern Hinweise auf stammesgeschichtliche Verwandtschaften. Solche Fachgebiete sind:

vergleiche oben

So liefert die Systematik und Analogie die Beschreibung des inneren und äußeren Körperbaus der Organismen und fasst diese auf Grund ihrer Ähnlichkeiten in Gruppen zusammen. Je mehr Merkmale bei Individuen unterschiedlicher Arten gemeinsam auftreten, desto enger sind sie miteinander verwand und in desto kleinere systematische Gruppen ordnet man sie ein: (Gattung, Familie, Ordnung). In den höheren Gruppen (Überordnung, Klasse, Überklasse und Stamm) werden Organismen zusammengefasst, die nur einige wenige, aber entscheidende Merkmale gemeinsam haben. Wie bei den Fossilien gibt es auch bei den lebenden Organismen Brückentiere, in deren Bau sich Merkmale verschiedener Gruppen vereinigen. Innerhalb gleicher Gruppen kann man dabei eine Homologie von Organen und Organsysteme erkennen. Solche liegen vor, wenn sich Organe oder Organsysteme in ihren inneren strukturellen Grundbauplan gleichen, die äußere Form jedoch verschieden ist (Unterschiede dazu: analoge Organe: die äußere Form dieser Organe unterschiedlicher Arten ist sehr ähnlich bis gleich beruht aber nicht auf einem gleichen inneren Bauplan, sondern auf der Anpassung an gleichen ökologischen Umweltbedingungen (ökologische Nische). Bsp.: Die Vordergliedmaße des Maulwurfs sind analog zu den Vordergliedmaßen der Maulwurfsgrille (Insekt, Chitingerüst) aber homolog zu den Vordergliedmaßen übriger Säugetiere (Pferd).

Innerhalb vergleichbarer homologer Organe und Organsysteme kann man Reihen aufstellen, bei denen man erkennen kann, dass sich das spezifische Organsystem spezialisiert entweder in Richtung der Vervollkommnung oder in Richtung der Rückbildung des Organs oder Organteilen. Erstere nennt man Progressionsreihen und liegt z.B. beim ZNS der Säugetiere vor. Letztere werden Regressionsreihen genannt und der Entwicklung ihrer Vordergliedmaßen vor.

Homologe Strukturen, die in Folge Abwandlung nicht sofort als solche zu erkennen sind können mit Hilfe folgender Kriterien nachgewiesen werden

  1. Homologiekriterien der Lage
  2. Homologiekriterien der spezifischen Qualität von Strukturen
  3. Homologiekriterien der Stetigkeit

Mit diesen Regel in Zusammenhang steht die Korrelationsregel von Couvier, welche besagt, dass wenn sich bei verschiedenen Organismen wichtige Organe als Homolog erweisen auch die übrigen Organe homolog sind.

Weitere Stützen für die Abstammungstheorie sind Organrudimente. Diese entstanden durch Rückbildung eines funktionsfähigen Organs und weisen die Zugehörigkeit zu Gruppen nach. Organrudimente (Buch S. 445)

In diesem Zusammenhang sind Atavismen zu nennen. Darunter versteht unvermittelt auftretende Merkmale, die im Lauf der Stammesgeschichte bereits verschwunden waren. Man glaubt, dass Atavismen dann auftreten, wenn die entsprechenden Gene zwar vorhanden sind, aber in der Regel nicht abgelesen werden, bzw. nur kurzfristig während der Embryonalgenese. Bei Atavismen werden solche Gene aus unbekannten Gründen wieder aktiviert bzw. zu einem falschen Zeitpunkt abgelesen. Atavismen sind kein Gegenbeispiel für das fünfte Gesetz aus der Fossilienbestimmung: nämlich die Irreversibilität.

Als weitere Homologien werden Homologien von Verhaltensweisen verglichen. Dann Homologien innerhalb der Individualentwicklung (Onthogenese), Homologien bei Parasiten, Homologien bei der Verbreitung der Lebewesen und die jeweilige Radiation. Schließlich haben Tiere und Pflanzenzüchtungen und die daraus entstehende Vielfalt der Form neue Erkenntnisse für die Evolutionstheorie gebracht. Die heute wichtigste, weil feinste und genaueste Methode bringt die Biochemie und Molekulargenetik mit verschiedenen Methoden.

  1. Homologiefeststellung mit Hilfe der Serumreaktion
  2. Homologiefeststellung durch Sequenzierung von Proteinen
  3. Homologiefeststellung durch Sequenzierung von DNA
  4. Homologiefeststellung durch Sequenzierung con RNA
  5. Homologiefeststellung durch Vergleich wichtiger Enzyme und wichtiger Stoffwechselvorgänge

Aufstellung von Stammbäumen

Den Ablauf der Evolution stellt man heute auch gerne in Stammbäumen dar. Die ersten Stammbäume enthielten nur die heutigen Arten und ihren verwandtschaftlichen und stammesgeschichtlichen Zusammenhang. Nachdem man früher ausschließlich nach morphologischen und anatomischen Merkmalen vorging und dann Merkmale aus den übrigen Bereichen der Biologie (siehe unten Fossilien) mit zur Bestimmung verwandte, werden heute vorwiegend Methoden der Biochemie vor allem DNA- Sequenzierung und Analyse verwandt. Viele der Wurzeln innerhalb dieses Stammbaumes sind trotzdem hypothetisch und nur durch mögliche Verbindung aus Rückschlüssen angenommen. Daher sind Stammbäume aus engen Verwandtschaftskreisen nützlich, wobei in diesen die Fossilien eingeschlossen sind. Vom letzteren kann man aber in der Regel nur anatomische, morphologische Merkmale verwenden. Nur in wenigen Fällen ist die Zahl der Fossilien so groß, dass eine lückenlose Evolutionsreihe aufgestellt werden kann. Zur Aufstellung eines solchen Stammbaumes werden folgende Kriterien benutzt.